Ines Geipel liest aus ihrem Buch „Umkämpfte Zone. Mein Bruder, der Osten und der Hass”

20-08-2020 (20:30)

Moderation: Lore Kleinert

Welche Gründe die breite Zustimmung zu rechtextremem Gedankengut auf dem Gebiet der ehemaligen DDR hat, ist eine der Fragen, die Ines Geipel antreiben, genau hinzuschauen: Auf die Geschichte ihrer eigenen Familie ebenso wie auf die des Landes, in dem sie groß wurde und das sie schon vor seinem Ende verließ. Die Trauer um ihren sechs Jahre jüngeren Bruder Robby, der vor zwei Jahren an Krebs starb, wird zur fragilen Verbindung zwischen den Gewalterfahrungen der Kindheit, die beide zu Verbündeten werden ließ, und dem Totschweigen der deutschen Gewaltgeschichte in der DDR. Hinter der Wucht des Umbruchs nach 1989 blieb verborgen, wie sehr die neuen Herrscher, die nach dem Krieg aus der Emigration in Moskau zurückkehrten, auf die alten Mechanismen von Diktatur und Machterhalt aufsattelten. 

Mit dem Mythos der Widerstandskämpfer und Helden von Buchenwald entlastete die Staatspartei die Ostdeutschen und erklärte ihr Land zur reinen Opfergesellschaft. Anschaulich beschreibt Ines Geipel, wie auch schon in ihren früheren Büchern u.a. Black Box DDR(2009) und Generation Mauer (2014), wie Hardliner, Ideologen und kalte Krieger alles daran setzten, die Aufklärung der privaten Gewaltgeschichten der Väter und Großväter, ebenso wie die der beharrlich schweigenden Mütter zu unterbinden. Eine der wichtigen Fragen ihres Buches ist die, wie es gelingen kann, sich von der doppelten Diktaturerfahrung zu emanzipieren und nicht zu flüchten, in die Krankheit, in die Verleugnung und schließlich, sehr aktuell, ins Autoritäre.

Ines Geipel, geboren 1960, ist Schriftstellerin und Professorin für Verssprache an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« und Mitarbeiterin des Hannah-Arendt-Instituts. Die ehemalige Weltklasse-Sprinterin floh 1989 nach ihrem Germanistik-Studium aus Jena nach Westdeutschland und studierte in Darmstadt Philosophie und Soziologie.

"Geipel aber verknüpft die eigene Familiengeschichte so gekonnt und kühl mit der Geschichte der DDR, wechselt derart einleuchtend zwischen intimen Mikro- und historischen Makrokosmos hin und her, dass daraus ein beeindruckendes Buch über die jahrzehntelange Mehrfachvergletscherung einer Gesellschaft wurde." Süddeutsche Zeitung.

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