19-01-2016 (20:30)
Es
war eine unwahrscheinliche Freundschaft, die den konservativen Verleger
Wolf Jobst Siedler (am 17.1.2016 wäre er 90 Jahre alt geworden) aus
West-Berlin mit dem marxistischen Historiker Ernst Engelberg in
Ost-Berlin verband – eine Freundschaft, die alle Mauern überwand und
überstand. Auf der Grundlage eines langjährigen Briefwechsels schildert
Ernst Engelbergs Sohn Achim diese einzigartige publizistische und
menschliche Liaison.
Wolf Jobst Siedler gründete gerade seinen eigenen Verlag, als er 1980
den renommierten Ost-Berliner Historiker Ernst Engelberg kennenlernte.
Dieser verfasste zu jener Zeit seine epochale Bismarck-Biographie –
überraschend schnell gelang es dem West-Berliner Verleger und
Preußen-Kenner, den Autor und sein großes Werk für den Siedler Verlag zu
gewinnen. Beharrlich gegen alle politischen Bedenken und Behörden
setzte Siedler die parallele Veröffentlichung in Ost und West im Herbst
1985 durch. Es sollte ein publizistisches Ereignis werden.
Über die Jahre hinweg entwickelte sich eine tiefe persönliche Zuneigung –
und auch Siedler, der an seinem literarisch-essayistischen Werk
arbeitete, schickte seine Manuskripte von West- nach Ost-Berlin. Der
intellektuelle Austausch vor dem Hintergrund einer Welt im Umbruch
gehört zu den faszinierenden Kapiteln deutscher Geistesgeschichte.
"Geschmeidige Umgangsformen und historisches Bewusstsein von der Relativität der Standpunkte ermöglichten neben menschlicher Sympathie diese Freundschaft, die ein so beeindruckendes Resultat hinterlassen hat." Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung
Achim Engelberg, geb. 1965, schreibt u. a. für die Neue Zürcher Zeitung und Der Freitag. 2014 hat er das Werk seines Vaters Ernst Engelberg: "Bismarck. Sturm über Europa" in einer einbändigen Ausgabe neu ediert.