Elisabeth Freundlich (1906-2001): Die Ermordung einer Stadt namens Stanislau. NS-Vernichtungspolitik in Polen 1939-45.

27-01-2017 (20:30)

vorgestellt von Paul Rosdy (Hrsg.), gelesen von Inga Dietrich. Moderation: Susanne Alge.

Gastveranstaltung der Theodor-Kramer Gesellschaft zum Holocaust-Gedenktag.

Elisabeth Freundlich wurde 1906 als Tochter eines angesehenen Sozialdemokraten, Präsident der Arbeiterbank, und seiner Frau Olga, einer Sängerin, geboren. Dadurch war sie – wie sie sagte – gegen die Nazi-Pest geimpft. Dass sie Jüdin war, schien ihr dafür keine Rolle zu spielen.

Nach der Rückkehr aus dem US-Exil konnte sie sich als Prosaistin nicht etablieren, obwohl in ihrem Gepäck ein abgeschlossener, später hoch gelobter Roman war. So wich sie auf journalistische Arbeiten aus und berichtete ab den frühen sechziger Jahren von Kriegsverbrecherprozessen. Während diese in der deutschen und internationalen Presse großen Raum einnahmen, erschienen sie in Österreich nur in der auflagenschwachen Wiener jüdischen Zeitung Die Gemeinde.

1975 stellte sie eine zehnteilige Schulfunksendung im ORF über „Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas“ zusammen. Dann ermöglichte ihr ein Stipendium des Unterrichtsministeriums, ihr Werk Die Ermordung einer Stadt namens Stanislau zu beenden.

Das Ausmaß dieses Genozids wird durch die Darstellung des Ineinandergreifens aller Instanzen deutlich. Freundlich nutzt eine kluge Montagetechnik, die es ermöglicht, dass sich das Material von selbst entlarvt. Ihre Erfahrungen mit diversen Prozessen haben sie auf solche „Tonlagen“ eingestimmt. Das Buch, das sie die meiste Kraft kostete, ist die Krönung ihrer journalistischen Arbeit. 

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