Hans Christian Oeser liest aus seiner Übersetzung von Ralph Ellison "Der unsichtbare Mann"

28-05-2019 (20:30)

Ellisons Meisterwerk, für das er 1953 mit dem National Book Award ausgezeichnet wurde, zeugt von künstlerischer Kraft und ist hochaktuell - als schonungslose Abrechnung mit rassistischer Ideologie und Gewalt und mit Respekt vor dem gewachsenen Selbstbewusstsein der noch immer um ihre selbstverständlichen Rechte Kämpfenden. Der namenlose Ich-Erzähler, ein ambitionierter Redner, verliert sein Stipendium, weil er einem Förderer des von Weißen eingerichteten Colleges für Schwarze nicht die gewünschte Kulisse, sondern die Realität der Farbigem vor Augen führt. Auf der Suche nach neuer Arbeit landet er in Harlem, dem brodelnden Hexenkessel, inmitten von Glamour, 
Blues, Swing und Spirituals, unter marxistischen Agitatoren und schwarzen Nationalisten. Am Ende entscheidet er
sich, so unsichtbar zu werden, wie er sich als Individuum angesichts des Zusammen- und Gegeneinanderwirkens von
Klasse und Rasse seit jeher fühlt, und in einem Akt der Selbstschöpfung seine Lebensgeschichte zu rekapitulieren.

Ralph Ellison (1914-1994) studierte klassische Musik am Tuskegee Institute, einer der bekanntesten (damals ausschließlich) afroamerikanischen Bildungseinrichtungen. Mit dem Schreiben begann er nach einer Begegnung mit Richard Wright. Als Professor für Literatur unterrichtete er an verschiedenen amerikanischen Universitäten, zuletzt an der New York University. Der Roman “Der unsichtbare Mann“, erschienen 1952, ist sein literarisches Vermächtnis. Das Time Magazine zählte ihn zu den hundert besten englischsprachigen Romanen, die zwischen 1923 und 2005 veröffentlicht wurden. Zum 25. Todestag des Autors am 16. April veröffentlicht der Aufbau Verlag Georg Goyerts ursprüngliche Übersetzung von 1954 in einer vollständigen Überarbeitung durch Hans Christian Oeser.

Hans-Christian Oeser ist Literaturübersetzer, Schriftsteller und Herausgeber. Er lebt in Dublin und Berlin und setzt durch die Wiederentdeckung vergessener Werke immer wieder überraschende Akzente im englischsprachigen Literaturkanon. Zu seinen eigenen Werken zählen mehrere Irland-Führer, eine James Joyce-Biographie und ein Oscar Wilde-ABC.

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