Marko Martin präsentiert sein Buch „Brauchen wir Ketzer“ - Stimmen gegen die Macht

14-03-2023 (20:00 - 21:30)

Moderation: Axel Haase.

Wiederholt sich Geschichte? Angesichts der aktuellen Ereignisse liest Marko Martin vermeintlich »alte« Bücher neu und entdeckt beunruhigende, aber auch erhellende Parallelen. Im Titel seines neuen Buches nimmt er die Frage des Publizisten Friz Beer (1911-2006) „Brauchen wir Ketzer“ auf und wendet sich scharfsichtigen Autorinnen und Autoren zu, auf die zu wenig gehört wurde.
Hatten die Schriftsteller Friedrich Torberg und Hans Habe nicht bereits 1938 die Schrecken des Kommenden feinnervig erspürt und in Romanen beschrieben? Hatten nicht zwei so unterschiedliche Essayisten wie Jean Améry und Ludwig Marcuse die rechts- wie linksideologischen Manipulationen ihrer Zeit luzid durchschaut? Hatte die Prager Schriftstellerin Alice Rühle-Gerstelin ihrem mexikanischen Exil einen behäbigen westlichen Liberalismus nicht ebenso präzise analysiert wie die mörderischen Machttechniken des Stalinismus – darin vergleichbar dem aus Charkiw stammenden Romancier Leo Lania, einem Freund Willy Brandts? Hatte nicht selbst in der DDR Stefan Heym vermocht, den herrschaftskritischen Intellektuellen zum Protagonisten seiner Bücher zu machen? Und war nicht sogar die angepasstere Anna Seghers in ihren karibischen Novellen zu einer Art literarischer Pionierin postkolonialen Schreibens geworden?
Hilde Spiel und Jeanne Herrsch, Primo Levi, Fritz Beer oder Hermann Broch – sie alle waren säkulare jüdische Schriftsteller, luzide Ketzer anstatt wirrköpfige »Querdenker«, die, oft unter großem persönlichen Risiko, ihre Zeit beschrieben und uns noch heute viel zu sagen haben. Marko Martins neues Buch knüpft an sein hochgelobtes „Dissidentisches Denken“ an, ist eine Erinnerung an tapfere Menschen und gleichzeitig Einladung, durch Lektüren unsere gegenwärtigen Debatten zu weiten.

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