Marko Martin: Madiba Days. Ein südafrikanisches Reisetagebuch.

13-08-2015 (20:30)

1990 bedeutete nicht nur für Deutschland eine Zäsur. Mit der Freilassung Nelson Mandelas begann auch das Ende der anachronistischen Apartheid in Südafrika. Marko Martin hat das Land seither oft besucht, mit dem Tod des legendären Freiheitskämpfers 2013 aber ist alles anders: Wie viel Vergangenheit steckt in der Gegenwart, wie ist Sprechen darüber möglich?

In Johannesburg und Pretoria, bei Begegnungen in Townships und auf einer ehemaligen geheimen ANC-Farm spürt Martins literarisches Tagebuch Mandelas Lebensleistung nach, über die »Versöhnung zwischen schwarz und weiß« hinaus: Ein Freiheitsstreben ohne ideologische Hybris, ein Insistieren auf demokratischen Institutionen. Sind Revolutionäre also doch nicht immer zum Scheitern verurteilt?

Gleichzeitig gemahnt die abgeschottete Welt der Buren Martin an die eigene Kindheit in der DDR: Da sind etwa die Eltern, deren Mitgliedschaft bei den Zeugen Jehovas vor realsozialistischer Indoktrination schützte und dennoch geistig beengte - bis schließlich die ganze Familie die Sekte und den Staat verließ. Am Schluss dieser episodenreichen, mit Präzision und Verve erzählten Reise findet sich der Autor in der quirligen Welt von Mandelas politischen Enkeln wieder – NGO- und Gay-Aktivisten, die nun der Homophobie den Kampf ansagen, das Subversive des Eros dabei nicht vergessend. Marko Martins »Madiba-Days« ist ein Hohelied auf das Vermischte und die Chance, sich neue Erfahrungswelten zu erobern.

Marko Martin, Jahrgang 1970, lebt als Schriftsteller in Berlin. In der Anderen Bibliothek erschienen seine Erzählbände »Schlafende Hunde« (2009) und »Die Nacht von San Salvador« (2013), im Wehrhahn Verlag die Essaybände »Kosmos Tel Aviv« (2012) und »Treffpunkt '89« (2014).

 

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