29-01-2016 (20:30)
Mit Vera Schramm (Gesang), Christian Zacker (Klavier) und Jürgen Tomm (Moderation)
Mehr als die Texte zu Gustav Mahlers "Kindertotenliedern" verbinden heute nicht mehr viele Menschen mit dem Namen Friedrich Rückert. Dabei war Rückert (1788-1866) eine der erstaunlichsten Gestalten des deutschen Geistesleben - und auf gleich zwei Gebieten: als Dichter und Orientalist. Zu einer Zeit, als noch sehr wenige Hilfsmittel zur Verfügung standen, erarbeitete sich das Sprachgenie Rückert die Kenntnis von 44 Sprachen und vermittelte u.a. Literatur aus dem persischen, arabischen, türkischen und indischen Kulturkreis, das weitaus meiste zum ersten Mal, darunter Werke des persischen Dichters Hafis und Teile des Koran in einer dem Original angemessenen poetischen Fassung. Er sprach aber auch fast alle europäischen Sprachen, dazu natürlich Griechisch, Latein und Hebräisch.
Zum anderen konnte Rückert beinahe nur in Reimen denken, alles wurde ihm zu Liedern, etlichen tausend. Enorme Teile davon wurden nie und sind auch bis heute noch nicht veröffentlicht. Erstaunlich viele aber regten Komponisten zu Vertonungen an, nicht nur Mahler, sondern auch Robert und Clara Schumann, Schubert, Brahms, Loewe, Richard Strauss, Alban Berg und weniger bekannte Musiker.
Nach seinen Studienjahren und einer Dozentur in Berlin lebte er meist in ländlicher Umgebung und starb hoch geehrt. Die Länder, deren Sprachen er sprach, hat er nie bereist. In einer Collage aus Biografie, Texten und Liedern entsteht das Bild eines Autors, der - im Sinne der Aufklärung - sehr praktisch für das Verständnis fremder Dichtung, Religionen und Lebensweisen warb.